Vom Wolf zum Laufhund

Canis Familiaris Intermedius


Wo der genaue Ursprung der Laufhunde liegt, ist vorderhand ungewiss. Vielleicht wird uns die Genforschung eines Tages weiterhelfen. Ohne Anspruch auf Vollständigkeit, wird hier ein Rekonstruktionsversuch gewagt, der – wie könnte es anders sein- beim Wolf anfängt: Wölfe lassen sich in der Regel nicht domestizieren, obwohl deren Genetik zu 99% mit jener der Hunde übereinstimmt. Hunde begleiten den Menschen schon seit der Steinzeit. Es wird angenommen, dass der Anfang von Einzelgängern gemacht wurde, die die Nähe des Menschen auf Grund seiner Fleischabfälle suchten. Die Annahme, dass die Abspaltung in mehreren Regionen der Erde vonstattenging, wäre evolutionstechnisch naheliegend. Neueste Forschungen haben aber ergeben, dass alle Hunde auf ein Genom zurückzuführen sind.

Die Entstehung der verschiedenen Hundeschläge ist eng verbunden mit der Entwicklung der Völker, die sie gehalten haben: Wo Ackerbau betrieben wurde und die Nahrungsaufnahme kohlenhydratreich war, entstanden andere Hundetypen als bei Völkern, die sich Hauptsächlich von Fleisch ernährten. Hunde wurden in weiten Erdteilen über Jahrtausende als Bewacher, Gesellschaftstier und essbares Nutztier gehalten. Anderweitig wurden sie zu unverzichtbaren Jagdhelfern und Lebensgefährten, die in der Gesellschaft einen hohen Stellenwert hatten. Jagdhunde wurden also nicht einfach herangezüchtet. Vielmehr ist ihr Wesen, unter anderem sehr familienfreundlich, eine logische Folge eines jahrhundertlangen Zusammenlebens zwischen Kaniden und jagenden Menschen.
Konvergenz ist, wenn zwei Tierarten, von der gleichen Lebensweise geprägt, eine ähnliche Morphologie aufweisen. So gleicht der Mauersegler einer Schwalbe, obwohl dieser nicht einmal zur selben Ordnung gehört.
Es ist daher möglich, dass Hunde, die von Kelten jagdlich geführt wurden, ein ähnliches Aussehen entwickelten wie jene, die in Ägypten eine identische Tätigkeit verrichteten. Wie schnell die Morphologie von Kaniden sich in menschlicher Obhut ändern kann, zeigt auf eindrückliche Weise das Experiment des russischen Biologen Dmitri Beljajew, das mit Silberfüchsen in den 50er Jahren gestartet wurde: Das Weiterzüchten der jeweils zutraulichsten Tiere änderte deren Form und Farbe über die Jahrzehnte.
Laufhunde sind den prähistorischen Hunden (Canis familiaris intermedius) und somit auch dem Wolf näher verwandt als die meisten anderen Hunderassen: Das belegt die Schädelform mit dem markanten Scheitelkamm und der Körperbau. Sie besitzen Instinkte wie Orientierungssinn und Jagdverstand die anderen Hunderassen schon längst abhandengekommen sind. Laufhunde suchen bei schwierigen oder unlösbaren Aufgaben nicht sofort die Hilfe des Menschen – ein Verhalten, dass man von zahmen Wölfen kennt.  Typisch für die Laufhunde ist der Spurlaut, an dem sich das Wild orientieren kann. Würden Wölfe auf diese Weise jagen, bliebe der Erfolg mässig. Das Bellen von Wölfen hat eine Warn- und  Signalfunktion, die in der freien Wildbahn eher selten angebracht ist. Beim Hund ist es das soziale Umfeld und die damit einhergehenden Aktivitäten, die diesem Signal einen Mehrzweck verleihen.  Völlig wolfsatypisch sind beim Laufhund die tiefhängenden Ohren – die Wissenschaft bezeichnet diese Erscheinung als Domestikationssyndrom. Es wird begünstigt durch Zutraulichkeit.
Bereits der Bronzezeit entnehmen wir Hinweise auf Hunde als Jagdhelfer. Aus der Pharaonenzeit gibt es zahlreiche Gemälde von Kaniden deren Körperbau eine Verwandtschaft mit den heutigen Jagdhunden suggeriert. Aus den eingangs erwähnten Gründen muss dies aber nicht eine direkte Verbindung zum heutigen Laufhund herstellen.

Text: Simon Walty

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